TOM REICHSTEIN contemporary präsentiert „Im künstlichen Gegenüber", eine introspektive Einzelausstellung von Steffen Jopp. Die Ausstellung, erforscht die vielschichtigen Dimensionen von Identität, Reflexion und Transformation, vermittelt durch die prismatische Linse von Jopps Stahlmasken.
Durch die innovative Einbindung von MRT-Scans seines eigenen Schädels erweitert Jopp das Spektrum seiner Kunst um eine Dimension, die zugleich intim und universell ist. Diese Ausstellung führt die Betrachter von der physischen Grenze unseres Daseins, repräsentiert durch die Haut in seinen Lederarbeiten, bis zum tiefsten Inneren des menschlichen Körpers und Geistes.
Jopps Lederarbeiten öffnen das narrative Tor zur Ausstellung mit Darstellungen fließender, biomorpher Wesen, deren vorder- und rückseitige Gesichter an mythische Überlieferungen von Naturvölkern und vergangene Zivilisationen erinnern. Diese Werke, die an die transformative Kraft von Gestaltwandlern und Skinwalkern appellieren, nutzen Leder nicht nur als Material, sondern als Medium zur Erforschung und Darstellung der menschlichen Haut als Grenzfläche zur Außenwelt. Die kunstvolle Bearbeitung des Leders, seine Textur und die damit verbundenen symbolischen Verflechtungen führen die Betrachter in eine Welt, in der das Archaische und das Zeitgenössische, das Materielle und das Spirituelle ineinanderfließen.
Im weiteren Verlauf der Ausstellung entfalten sich Jopps Skulpturen aus glänzendem Edelstahl zu einem beeindruckenden Dialog mit dem Werkkomplex „Zeige deine Wunde" von Joseph Beuys. Jopp knüpft an Beuys' thematische Auseinandersetzungen an, indem er Zwiewesen schafft, deren fein verzweigte Außenorgane sich auf eine fast mystische Weise mit ihrer Umgebung verweben. Diese Skulpturen, die in ihrer Formensprache zugleich an die natürliche Welt anknüpfen und eine Brücke zur inneren, emotionalen Landschaft des Menschen schlagen, nutzen zeitgenössische Materialien, um Fragen der Isolation, des Schutzes und der energetischen Durchlässigkeit zu thematisieren. Die Faltungen und Knicke in den Stahlwerken erzählen von einer ständigen Transformation, von einer Suche nach dem wahren Kern unseres Seins, die in den MRT-Scans Jopps ihren Höhepunkt findet.
Die Ausstellung stellt somit eine tiefgründige Untersuchung der menschlichen Existenz dar, die von der äußersten Hülle bis zum innersten Kern reicht. Jopp lädt uns ein, die Komplexität unserer eigenen Identität zu betrachten, die Schichten unseres Seins zu erkunden und dabei die fließenden Grenzen zwischen dem Ich und dem Anderen, zwischen dem Materiellen und dem Immateriellen neu zu definieren.
"Im künstlichen Gegenüber" verspricht nicht nur eine visuelle und konzeptuelle Erfahrung, sondern auch eine introspektive Reise, die jeden Betrachter persönlich anspricht. Obwohl die Kunst von Jopp eine offene Verwundbarkeit zeigt, trägt sie zugleich den Keim der Heilung in sich, als Teil eines Prozesses, der auf Erneuerung abzielt. Diese Werke sind wie Visionen, die im Heute wurzeln und in uns wachsen, während sie Licht auf mögliche Zukünfte werfen, die durch unsere Betrachtung reifen könnten.