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Hannah Bohnen German, b. 1989
In all its virtuosity, the violin resonates through the four movements of the second solo sonata Obsession by the Belgian composer Eugène Ysaÿe. Renowned for their masterful expressionistic violin sound and high technical demands, the pieces alternate between powerful and impulsive, playful, and delicate tones. Performed by violinist Philipp Bohnen of the Berlin Philharmonic, the melodies remain abstract as an acoustic experience—they are neither visible nor tangible.
Visual artist Hannah Bohnen transforms the violin performance into a visual experience. Using motion tracking technology, she translates the movements of the bowing hand into motion patterns. The action as the origin of sound becomes the central focus of her work, also titled OBSESSION. This results in four sweeping lines that traverse the space, reflecting the rhythm of the individual movements. With the use of a milling machine, the artist engraves these contours into large wooden panels, which are then coated with a black, highly glossy lacquer. The structures and interruptions formed in the process give the surface an almost dynamic appearance, emphasizing the vibrancy of the lines.
The ephemeral moment of performance is removed from its transience and captured. Through the process of transmediation, it materializes as lines of motion and acquires physicality. The reflective lacquer brings the room’s mirror image onto the panels. The surface texture changes and reshapes the reflected environment with each movement of the viewer. The panels embody the violin performance and relate it to their surroundings. This interaction creates an immediate interplay between space and time. The vanished music is confronted with the present mirror image, creating an anachronistic moment. Temporality is brought to consciousness on the surface of the panels and becomes an experience.
Text: Peggy Schoenegge
In ihrer ganzen Virtuosität erklingt die Violine in den vier Sätzen der zweiten Solosonate Obsession des belgischen Komponisten Eugène Ysaÿe. Die Stücke sind bekannt für die Meisterhaftigkeit ihres expressionistischen Geigenklangs und hohen technischen Anspruch. Gespielt vom Violinisten Philipp Bohnen der Berliner Philharmoniker, ertönen die Noten mal kraftvoll und sprunghaft, mal verspielt und zart. Als akustisches Erlebnis bleiben die Melodien jedoch abstrakt. Sie sind weder sichtbar noch greifbar. Die bildende Künstlerin Hannah Bohnen transformiert das Violinenspiel und macht es visuell erfahrbar. Mit Hilfe des Motion Tracking-Verfahrens übersetzt sie die musizierende Bogenhand in Bewegungsmuster. Die Handlung als Ursprung des Tons wird zum zentralen Gegenstand ihrer gleichnamigen Arbeit OBSESSION. Es entstehen vier schwungvolle Linien, die den Raum durchdringen und den Rhythmus der einzelnen Sätze widerspiegeln. Mit einer Fräse schreibt die Künstlerin die Konturen in großformatige Holztafeln ein, um sie abschließend mit einem schwarzen, stark glänzenden Lack zu überziehen. Dabei bilden sich Strukturen und Unterbrechungen, die die Oberfläche scheinbar in Bewegung versetzen und die Dynamik der Linien betonen. Der ephemere Moment des Spiels wird aus seiner Flüchtigkeit heraus entnommen und eingefangen. Im Prozess der Transmediation materialisiert er sich in Bewegungslinien und erhält eine Körperlichkeit. Über die Reflexion des Lacks erscheint das Spiegelbild des Raums auf den Tafeln. Ihre Oberflächenbeschaffenheit verändert und verformt mit jeder Bewegung der Betrachtenden die gespiegelte Umwelt aufs Neue. Die Paneele vergegenwärtigen das Violinenspiel und setzen es in Relation zu ihrer Umgebung. Daraus resultiert eine unmittelbare Wechselwirkung zwischen Raum und Zeit. Die verklungene Musik wird mit dem gegenwärtigen Spiegelbild konfrontiert und schafft einen anachronistischen Moment. Zeitlichkeit ruft sich auf der Oberfläche der Tafeln ins Bewusstsein und wird dort erlebbar.
Text: Peggy Schoenegge